2. Teil: Jetzt geht's rund...
[30.06.2000 • Text, Fotos: H.Frie]

Ab in die Reitbahn! - Wer denkt da nicht erst mal an langweiliges Herumkreiseln im Viereck auf einem Pferd, dass scheinbar seine innere Kündigung eingereicht hat? Und selbst in der etwas geräumigeren Ovalbahn wird oftmals einfach Runde um Runde planlos umhergetöltet. Also, lieber nur noch ins Gelände gehen?

Keinesfalls! Denn: Bahnarbeit lädt zur konzentrierten Beschäftigung auf dem Vierbeiner ein, erleichtert anfangs das Einüben neuer Lektionen, schafft eine gesunde Vertrauensbasis und kann somit die Ausbildung des Vierbeiners fördern, ergänzen und problemloses Geländereiten, gymnastizierende Übungen oder erfolgreiches Gangreiten vorbereiten.

Also: Ab in die Bahn - aber bitte mit Elan!


• Das Ziel vor Augen...

Abstumpfend wirkt der Reitplatz für viele Pferde und Menschen eigentlich deshalb, weil man ohne wirkliche Struktur oder Plan das tägliche Programm abspult. Bevor man sich jedoch auf seinen Vierbeiner schwingt, sollte die Frage lauten: Wo wollen wir hin und wie werden wir unser Ziel erreichen?

Es müssen keinesfalls unbedingt hochtrabende Ziele gesetzt oder nur noch streng nach einem Plan geritten werden, doch helfen Überlegungen zur Zielsetzung und deren Umsetzung, die Motivation zu steigern und an sich selbst zu arbeiten.

Wollen Sie zum Beispiel mit ihrem Pferd langfristig sicher im Gelände ausreiten, so würde es sich empfehlen, die Rittigkeit, Durchlässigkeit und den Gehorsam zunächst im umzäunten Areal zu verbessern und dort ebenso an Trailhindernissen zu üben.

Ein geplanter Kurs oder die Teilnahme an einem Turnier können ebenfalls die Lust auf Lernen, Weiterbildung und intensivem Üben erhöhen.


• Auf geregelten Bahnen...

Bevor Sie sich jetzt auf ihren Reitgefährten schwingen, sollten Sie noch folgendes wissen:

Bahn ist nicht gleich Bahn:

Dressurviereck: Diese Art der Reitbahn hat die vorgegebenen Maße von 20 mal 40 Metern oder 20 mal 60 Metern, was auch für die überdachte Form des Vierecks - die Reithalle - im Normalfall gilt. Wichtig ist die Bodenbeschaffenheit, welche für Islandpferde oft zu tief ist und damit Gangreiten erschwert. Idealerweise sollte der Boden weich, federnd und trotzdem fest sein. Zudem muss die Einzäunung sinnvoll und sicher, also ohne Verletzungsrisiken für Pferd und Reiter angelegt sein. Besonders geeignet ist das Viereck für die dressurmäßige Arbeit und daher meistens mit den so genannten Bahnpunkten versehen, die das Reiten von Zirkeln und anderen Bahnfiguren erleichtern. Cavaletti-, Spring- und Sitzübungen können dort konzentriert ausgeübt und Trailpacourse aufgebaut werden.

Ovalbahn: Wie der Name schon sagt, handelt es sich um eine ovale Reitbahn mit zumeist festem, geschotterten Boden. Für Islandpferdeturniere ausgelegte Ovalbahnen - auch Töltbahnen genannt - verfügen über einen Reitweg von 200 Metern. Es gibt des weiteren so genannte kombinierte Ovalbahnen, bei denen entweder 200 Meter oder durch ein weiteres angeschlossenes Teilstück 250 Meter geritten werden können, was besonders zum Fünfgangreiten geeignet ist. Darüber hinaus gibt es Ovale, denen eine Paßstrecke angefügt ist, Töltbahnen mit Dressurviereck in der Mitte oder kleinere Ovale, die sich zum Reiten von Sitzübungen eignen. Hauptsächlich werden die Ovalbahnen jedoch zum Gangreiten beritten.

Weitere Möglichkeiten: Daneben gibt es gerade, ebene und feste Paßbahnen für das Rennpaßreiten oder einen Longierzirkel/ein Roundpen, in dem vor allem sitzverbessernde Übungen durchgeführt werden können.

Für den Reiter ohne eigenen Platz vor Hof bietet sich die Möglichkeit, eine Reitanlage in der Nähe per Pferd oder Hänger aufzusuchen - vielleicht im Rahmen eines wöchentlichen Reitunterrichts oder zur Miete. Wer ein ebenes Wiesenstück erübrigen kann, hat die Chance dort ein Grasviereck einzuzäunen und den Hufschlag mit Rindenmulch zu versehen.

Achtung: Beachten Sie die Bahnregeln, die zum Beispiel in der „Islandpferde Reitlehre“ von Andrea-Katharina Rostock und Walter Feldmann aufgeführt sind!


• Spannung, Spiel und Spaß... Abwechslung, Vertrauen und einfach Spaß schaffen Trailhindernisse, bei denen Pferd und Reiter im Team zusammenarbeiten müssen und spielerisch lernen können. Am besten üben Sie immer nur gezielt an ein, zwei Hindernissen, die Sie ihrem Vierbeiner erst mal vom Boden aus zeigen. Achten Sie darauf, alles in Ruhe und mit Geduld anzugehen; lassen Sie ihrem Pferd Zeit zum Nachdenken. Kombinieren Sie die Dressurübungen doch mit dem Trailreiten wie zum Beispiel beim Rückwärtsgehen durch ein Labyrinth.

Vorschläge: Mit nur einer Stange können sie bereits den Gehorsam Ihres Pferde fördern, indem Sie es vor dieser anhalten und dann auffordern, nur mit den beiden Vorderbeinen, nur mit einem Vorderbein oder einem Hinterbein darüber zu treten, was sehr viel Konzentration erfordert. Mit mehreren Stangen können eine U-Form, ein Labyrinth oder ein Gasse gelegt werden, wodurch es vorwärts, seitwärts oder rückwärts geht. Ein gelber Sack oder eine alte Siloplane werden seitlich durch zwei Stangen begrenzt zu einem interessanten Gang; auch ein stabiles Brett kann überschritten werden. Falls Sie Lust und genügend Material haben, ist es möglich eine Wippe, eine Brücke oder einen Flatterbandvorhang herzustellen.

Spannend wird es bei Reiterspielen, allein oder zu mehreren, die Pep in die Reitbahn bringen.

Vorschläge: Schon mal mit einem Becher voll Wasser rückwärts durch ein Labyrinth geritten oder damit rundenweise getöltet? Suchen Sie sich Reitpartner und starten gegeneinander in freundschaftlichem Wettbewerb im Bänder- oder Fahnenrennen, Negerkußwettessen oder der „Reise nach Jerusalem“ zu Pferde! Schleifen Sie mal die Mülltonne über den Reitplatz oder hängen die Wäsche hoch zu Ross auf! Ideen sind gefragt, doch bitte ohne Hektik und Rumzerren an den Pferden!

Lektüre: „Reiterrallyes, Reiterspiele. Vorbereitung auf Allroundwettbewerbe, Spiel und Spaß“ von Marlit und Karl Hoffmann (Kosmos Verlag), „Verlasspferde ausbilden. Vertrauensvolle Ausbildung für das Trail-Reiten“ von Gottlieb Fernau

• Gymnastik muss sein...
In Ruhe die Ausbildung seines Vierbeiners fördern, es zu gymnastizieren, die Verständigung zwischen Pferd und Mensch im Sattel fördern - dazu bietet sich das Dressurviereck förmlich an.

Je nach eigenem Ausbildungsstand und dem des Pferdesportlers können zunächst wichtige Gehorsamsüberprüfungen wie Anhalten-Antreten, Rückwärts, Seitwärts in Form von Vorhandwendung und Schenkelweichen anstehen. Die Biegsamkeit des Tieres kann durch Arbeit auf Zirkeln oder Volten verbessert werden; Bahnfiguren wie „Durch die ganze Bahn wechseln“ zeigen dem Reiter, ob seine Einwirken vom Pferd harmonisch angenommen werden.

Wer Spaß an der Dressurarbeit hat, kann nach klassischen Vorbildern weiterarbeiten und Schulterherein, Traversübungen und ähnliches erlernen.

Spielerisch umsetzen kann man das Dressurreiten in Kombination mit Trailhindernissen oder Reiterspielen; auf der Ovalbahn ist es beim Gangreiten sinnvoll, dressurmäßige Lektionen einzuflechten.

Darüber hinaus ist Cavaletti-Arbeit ein gutes Vorhaben, das Takt und Losgelassenheit und die Aufmerksamkeit des Pferdes verbessert, sowie die Bewegungen des Tieres verlängern kann. Die Stangen können in unterschiedlichen Höhen auf die Auflagen gelegt und auch zum Springen genutzt werden. Laut der Islandpferde-Reitlehre ist im Schritt ein Abstand von 0,70 bis 0,80 Metern und im Trab 1,10 bis 1,20 Metern günstig. Anfangen sollten Sie bei einer Stange, wonach Sie das Training auf mehrere steigern können.

Lektüre: „Islandpferde Reitlehre“ von A.-K. Rostock u. W. Feldmann, „Dressur ist Gymnastik für Pferde“ von Isabelle von Neumann Cosel, „Das Gymnasium des Freizeitpferdes. Der Weg zu pferdegemäßem Reiten“ von Sadko G. Solinski, „Erste Dressurübungen“ von Jane Wallace, „Reynirs Islandpferdereitschule“ von Reynir Adalsteinsson und Gabriele Hampel


• Der große Auftritt...

Eine gehörige Portion Schwung in das tägliche Einerlei bringen Vorhaben wie die Teilnahme an einem Turnier oder ein Auftritt im Rahmen eines Showprogramms bei einer Veranstaltung.

Gehorsamkeit gefragt: Sozusagen die Dressurprüfung für Islandpferde stellen die Gehorsamsprüfungen auf Islandpferdeturnieren dar. Es gibt: Die kleine Reiterprüfung, die Reiterprüfung, die Gehorsamsprüfung A, B und C, die Mannschaftsdressuraufgabe und die Gehorsamsprüfung Kür, welche jeweils unterschiedliche Schwierigkeitsgrade erfordern.

Gefragt sind neben dem korrekten, punktgenauen Ausführen der Bahnfiguren und Lektionen Reinheit der Gänge, Schwung, Durchlässigkeit und Sitz und Einwirkung. Ob man lieber töltet oder trabt steht jedem Reiter frei.

Wer Lust bekommen hat, besorgt sich am Besten die „Islandpferde Prüfungsordnung“ (IPO), wo die Anforderungen genau angegeben werden und übt los - gemeinsam als Mannschaft oder allein.

Vor allem Gang: Von Tölt, über Viergang, Fünfgang bis zum Rennpaß kann man bei Islandpferdeturnieren in verschiedenen Klassen an den Start gehen. Nähere Infos gibt’s in der IPO.

Und sonst: Islandpferde- oder Freizeitreiterturniere haben auch weitere interessante Prüfungen im Angebot wie: Spring- oder Geschicklichkeitsprüfung, Handpferdereiten, verschiedene Rennen und Spiele.

Show-Stars: Viel Freude bereitet die Ausarbeitung und das Reiten von Quadrillen, die anlässlich einer Veranstaltung oder manchmal als Turnierprüfung zu Musik und in Kostümen vorgeführt werden. Ebenso können Sie als Gruppe Märchen, Geschichten und ähnliches zu Pferde umsetzen und präsentieren Lassen Sie Ihre Phantasie spielen und suchen sich Mitstreiter! Und: Es muss ja nicht gleich der große Auftritt sein - eine sonntägliche gemeinsame Quadrillenstunde macht sicher ebenfalls viel Spaß.

Lektüre: „Musik zum Reiten für Einzelkür, Pas de deux und Quadrillen“ von Walter Storl, „Zwischen Disko und Quadrille“ von Elke Müller- Mees, „Islandpferde Prüfungsordnung“ (IPO) erhältlich beim IPZV.
Kontakt: Termine siehe zum Beispiel im Taktklar-Kalender


• Unter Kontrolle... Immer nur allein reiten, ohne Anregungen und Hilfestellungen kann auf die Dauer ziemlich unbefriedigend werden. Um diesen Zustand zu ändern, stehen Ihnen mehrere Wege offen:

Reitunterricht/Reitkurse ermöglichen Ihnen Korrektur, Anregungen, konkrete Hilfestellungen bei etwaigen Probleme und vermitteln bei Gruppenstunden den Kontakt zu gleichgesinnten Reitern.

Nichts verborgen bleibt dem objektiven Auge einer Videokamera. Bitten Sie jemanden um regelmäßige Aufnahmen, anhand derer Sie Fehler und Fortschritte beobachten können. Selbst ein Fotoapparat kann eine gute Momentaufnahme darstellen.

Zusammenreiten auf einer Bahn bietet verschiedene Übungs-Ideen wie Überholen und Vorbeilassen, in Abständen hintereinander reiten oder von anderen Vierbeinern trennen, was besonders gut auf Ausritte vorbereitet und den Gehorsam schult.

Gegenseitiger Reitunterricht zwischen Reiterfreunden kann Fortgeschrittenen viel Nutzen bringen, wenn dieser ohne Besserwisserei, eher durch Tipps, ausgeübt wird.

Sitzübungen sind für Anfänger und Fortgeschrittene gleichermaßen immer mal wieder wichtig. Lassen Sie sich auf dem Pferd führen oder longieren, reiten Sie mit geschlossenen Augen, ohne Steigbügel oder auch ohne Sattel und machen Sitzübungen wie Armkreisen, Kopfdrehen oder Wechsel zwischen Normal- und Damensitz.

Aufschlussreich: Ein Pferdetausch bringt manches zutage und gibt Aufschluss über seine Reitweise und die des anderen. Sie durchbricht die Routine und lädt zum gegenseitigen Gedankenaustausch ein.

Lektüre: Zu den Sitzübungen findet man wertvolle Hinweise in: „Islandpferde Reitlehre“ (s.o.), „Reiten aus der Körpermitte“ von Sally Swift, „Die Wanless-Methode“ von Mary Wanless und „Reiten in Vollendung“ von Mary Wanless.
Kontakt: Interessante Reitkurse siehe Branchenbuch und Termine bei Taktklar.

Na? So öde ist die Bahn doch gar nicht. Aber wir wollen nichts übertreiben und daher geht es in der nächsten Folge „Raus zu Wald und Flur“.



Optimale Anzeige mit Internet Explorer 5.0 oder Netscape Communicator 4.7.
Als Bildschirmauflösung wird mindestens 800x600 bei 256 Farben vorausgesetzt.
Für die Vollständigkeit und Richtigkeit der hier veröffentlichten Informationen wird
keinerlei Gewähr übernommen.

Copyright © 2000 by 2befree Media GmbH & Co. KG
Idee von K.-H. Frie
Alle Rechte vorbehalten
Kontakt: info@taktklar.de