Fannar vom Schöpflgitter – Mausgrauer Naturtölter, zuverlässig, freundlich, intelligent. So könnte man dieses außergewöhnliche Pferd mit wenigen Worten beschreiben. Die altbekannte Frage, was nun das Besondere an einem Islandpferd ist, mit „Der Tölt!“ zu beantworten, würde Fannar’s Eigenschaften nur sehr unvollständig beschreiben. Da gehören bei ihm auf jeden Fall zumindest noch sein Talent für klassische Dressurlektionen und seine Vorliebe für bunte Silvesterraketen dazu. Und vielleicht auch noch seine Vorlieben für das Umwerfen von Schubkarren, Ausleeren von Wassertrögen und das Öffnen von Türen aller Art. Mit seinem Interesse an seiner Umwelt verblüfft er immer wieder. Sei es weil er furchterregende Mähdrescher oder Baumaschinen mit seiner langen Oberlippe untersucht, anstatt sich „ordnungsgemäß“ vor ihnen zu fürchten, oder herauszufinden versucht, was es mit den großen rotgelben Blumen auf dem Kleid einer ahnungslos vor ihm stehenden Dame auf sich hat ...
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Fannar wurde am 5. Mai 1984 auf einem kleinen Gestüt in Niederösterreich geboren. Seine Mutter, Hrafnár frá Akureyri 211 ist Tochter des bekannten Hrafn 802 frá Holtsmúla. Mit 6 Jahren kam Fannar zu seinem heutigen Besitzer nach Semriach.
Schon nach kurzer Zeit war Fannar im Turniersport in der Sportklasse C sehr erfolgreich – er hatte es sich zur – sehr angenehmen - Gewohnheit gemacht, von keinem einzigen Turnier ohne Pokal heimzufahren. Bei jedem Turnierstart errang er einen Sieg entweder in einem Einzelbewerb oder in der Gesamtwertung – 13 Siege in ununterbrochener Folge!
Das ist rückblickend um so erstaunlicher, als Fannar seit jeher eine hochgradige Abneigung gegen alles hat, was wie eine Ovalbahn oder Dressurviereck aussieht. Diese Abneigung war so schwerwiegend, dass er in der Bahn mitunter ernsthafte Kreislaufprobleme vorgetäuscht hatte, die sich nach dem Verlassen der Bahn auf rätselhafte Weise in fröhliches Buckeln auflösten. Jedenfalls konnte er sich mit seinem Reiter auf einen Kompromiss einigen: Training fast ausschließlich im Gelände, und keine Prüfungen der weitaus anstrengenderen B-Klasse. Dafür ist dann Fannar in der C-Klasse brav von einem Sieg zum nächsten gelaufen.
Mit etwa zehn Jahren kam eine Zeit, die Fannar’s Neigungen vermutlich besser entsprach – eine Zeit des Bummelns im Gelände. Dabei hat er unter anderem sein Talent als Führpferd zum Handpferdereiten unter Beweis gestellt und so der trächtigen Kolbrún zu reichlich Bewegung als Handpferd verholfen, und schließlich auch bei der Ausbildung des Nachwuchses einen wichtigen Beitrag geleistet.
Im Alter von 17 Jahren hatte Fannar seinen ersten schweren Unfall. Er ist beim Buckeln im Auslauf ausgerutscht und hat sich dabei einen Muskel am linken Hinterbein abgetrennt. Die Verletzung war nicht zu operieren, eine mehrmonatige Ruhigstellung sollte jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit zur Heilung führen. So musste Fannar nun drei Monate in einer im Offenstall abgetrennten 3 mal 3 Meter großen Behelfsbox verbringen. Zu seiner besseren Aussicht wurde noch eigens ein zusätzliches Fenster in den Stall eingebaut - Pferdefernsehen sozusagen. Es war eine große Überraschung, dass Fannar auch nach Wochen, die er ununterbrochen im Stall verbringen musste, sich in seinem Refugium sehr wohl zu fühlen schien. Offenbar hatte er nicht das Gefühl eingesperrt zu sein, sondern war froh darüber, dass er vorzüglich bedient wurde und sein Territorium nicht zu verteidigen brauchte. Seine Genesung ging zügig voran, es dauerte jedoch fast ein Jahr bis er wieder auftrainiert war, und mit einem unbeabsichtigten Renngalopp die Haltbarkeit des Beines definitiv bewiesen war.
Es war kurz vor einem großen Turnier, das zur Feier seiner Genesung besucht werden sollte, als das nächste Missgeschick passierte – Fannar ist im Training im Mitteltempo Tölt mit einem Hinterbein auf eine Hufglocke vorne getreten und gestürzt – Fesselträgereinriss – Trainingspause.
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Seither gab es bislang keine Versuche mehr bei einem Turnier zu starten, doch zeichneten sich am Horizont schon neue spannende Aufgaben für Fannar ab. Sein Reiter begann sich mit klassischer Dressur zu beschäftigen und verbrachte auf mehreren Reitkursen einige Zeit im Sattel eines bis zur Hohen Schule ausgebildeten Andalusiers. Wer einmal in der Passage dahingeschwebt ist, weiß, dass es außer dem Tölt auch noch andere wunderbare Gangarten gibt. Zurück auf Fannar’s Rücken war dann eine gewisse Unzufriedenheit da, weil da war vergleichsweise zu wenig Schweben und Geschmeidigkeit zu verspüren. Der folgerichtige Schluss, dass das wohl an der Ausbildung liegen muss und nicht am Pferd - wie oft behauptet - führte dazu, dass Fannar nun eine monatelange, gewissenhafte Gymnastizierung nach klassischen Grundsätzen erhielt – eine Aufgabe, die Fannar offenbar großen Spaß bereitete, weil er mit großem Eifer dabei war, wenn es um Seitengänge, Schlangenlinien und andere „Schnörkel“ ging. Mittlerweile beherrscht er alle Seitengange – Schulterherein, Kruppeherein, Traversale – im Schritt und Schulterherein im Trab. Am Kruppeherein im Trab wird gerade geübt. Als „zirzensische Draufgabe“ kann Fannar auch noch den „Spanischen Schritt“ – und das alles sowohl unter dem Reiter als auch am langen Zügel.
Alle diese Übungen hatten den angenehmen Nebeneffekt, dass Fannar’s von Natur aus schon sehr schöne Gänge sich weiter verbessert haben, und der früher manchmal unsichere Trab nun sehr taktklar geworden ist.
Heuer wird nun Fannar 20 – und es ist sehr erfreulich dass wir nicht nur auf eine lange schöne Zeit zurückblicken, sondern dank seiner Gesundheit auch noch einige Pläne für die Zukunft schmieden können. Unser Traumziel? Dass wir vielleicht noch die Piaffe schaffen!
Auf jeden Fall werden wir hoffentlich noch viele schöne Ausritte genießen, wünscht sich
Stefan Pirnik.
mailto: fannar@gmx.at