Sommerekzem?
Nein danke!
 |
[18.08.2000
• Text: Dr. Dieter H. Kolb] |
Sommerekzem? Nein danke!
Wenn Sie unbedingt ein Importpferd kaufen wollen, sollen Sie
auf alle Fälle eine Garantie für Ekzemfreiheit bekommen!!
Ihr Pferd muß in Island vor dem Export getestet
werden. Erwerben SIE nur ein Tier, das garantiert nicht
mit Sommerekzem belastet ist! Sie ersparen dem Pferd Qualen
und sich selbst viel Geld!
Sommerekzem heute
Aufbau:
Bericht der eigenen Geschichte:
Beginn :
Kauf von Sleipnir
1974/75 mit Dr. Rüdiger Neufang
Diskussionen über Genese des S.E. obwohl Sleipnir kein Sommerekzem
hatte.
Ansatz
Genese ist unklar. Es gibt Diskussionen über mögliche Ursachen:
Kribelmücke, Eiweißüberfütterung, Sonneneinstrahlungswinkel,
physiologisch-chemische Einflüsse.
Diskussionen darüber mit vielen Betroffenen, denn meine Stute
Frekja zeigte manchmal komische Fellveränderungen im Sommer.
Problemfindung für mich:
Eigene Erfahrung:
Ekzemer sind willig, leistungsstark, gehen meilenweit und schwitzen
nicht.
Mein Problem bestand im Kauf von Funi frá Hrepphólum 1977. Er
war ein Distanzpferd und Ekzemer. In der Schweiz ritt ich im
September ´79 mit Funi einen100 Meiler in 19h40´. Bei Gesprächen
über sein Ekzem habe ich von den Vets gehört, daß Volon (ein
Cortisonpräparat) nun einsatzbereit und unschädlich wäre und
garantiert hilft. Daher habe ich im nächsten Jahr Volon spritzen
lassen!
Beim nächsten 100 Meiler hier, am 1.Mai 1980, habe ich Funi
nach der Hälfte gezogen, trotz prima Werten.
Wir starteten in der Morgendämmerung um 4 Uhr in einer Gruppe
von 7 Reitern. In der kühlen Morgenluft gingen die Pferde in
einem schnellen Tempo die Strecke an, so daß wir schon nach
2 1/2 Stunden die 40 km bis Waldmohr geschafft hatten und dort
auf die Tierärztin für den Vetcheck warteten. Wir kontrollierten
derweil schon mal Puls und Atmung. Bei meinem Funi waren die
Werte alle unter 18 in 15´´, sodaß ich nach der Zwangspause
sofort weiter konnte. Die Tierärztin, die mein Pferd schon längere
Zeit kannte, war auch erstaunt und meinte: "Toll, So etwas gibt
es." Flapsig meinte sie noch: "Heute Konditionssieger, morgen
tot."
Auf dem Rückweg wurde Funi langsamer, was ich gar nicht von
dem sonst immer vorneweg stürmenden Pferd kannte. An einem Check
nach 20 km - die Werte waren immer noch unter 18 pro 15´´- beschloß
ich trotzdem, das Pferd eine Strecke weit zu führen, um zu sehen,
wie es sich verhält.
Er trottete neben mir her, war aber sichtlich matt. Plötzlich
kam unsere Gruppe, die sich verritten hatte, hinter uns her.
Da hob er den Kopf, wieherte und machte wieder ganz fit. Ich
hatte Mühe, dem Pferd so schnell zu folgen, wie es wieder lief.
Nach einigen hundert Metern saß ich auf und erreichte den Ausgangspunkt
mit der Gruppe mit der ich loßgeritten war. Dort erklärte ich
dem Tierarzt, daß ich mit meinem Pferd nicht mehr weiterreiten
würde. Funi war auch richtig schlapp. Daher brachte ich ihn
zu unserer Herde.
Am nächsten morgen lag er tot auf der Koppel. Daraufhin entstand
eine Rufmordkampagne sondergleichen. "Der verrückte Zahnarzt
reitet sein Pferd tot!" waren noch milde Worte.
Reaktion
Ich habe Histologische Untersuchungen von Herz, Lunge, Magen,
Darm und Leber veranlaßt. Herz, Lunge und Leber waren total
gesund, etwas anämisch. Aber die Magen- und Darmschleimhaut
hatte sich abgelöst. Der Pathologe meinte, das könne eine Reaktion
auf das Volon sein.
Also hat das Volon durch irgendwelche pharmakologischen Wechselwirkungen
die Schäden verursacht.
Daraufhin habe ich Claus Becker besucht. Wir haben zusammen
vorliegende Fakten zusammengetragen.
Claus hat mir sehr geholfen: " Ich habe schon Ekzemer auf der
fetten Weide verhungern sehen"!
Jeder, der dabei war, weiß, daß ich mich richtig verhalten habe
und nichts versäumte, aber immer wieder höre ich noch mal: "Ach,
sie sind der Doktor, der sein Pferd totgeritten hat."
Das ist und bleibt weiterhin mein Problem! Also muß ich mich
deshalb mit dem Thema weiterbefassen.
Eigene Untersuchungen
Zunächst habe ich mir die gängige Literatur über das Sommerekzem
beschafft. Da war nichts Neues zu finden. Dann habe ich für
mich alle Fakten zusammengetragen, die ich finden konnte: Höhenlage,
Klima, Futter, Exposition. Dazu alle Ideen, die schon in Doktorarbeiten
eingeflossen waren wie: Überdüngung der Weiden, Kribelmücke
etc. Das alles konnte dazu gehören, aber das waren nicht die
Ursachen des Sommerekzems.
Was ist denn nun die Ursache?
Bei einer Rundfahrt um Island 1983 mit meiner Familie im
Camper habe ich ein Biopsie Besteck mitgenommen und überall,
wo es mir in Zuchtstätten erlaubt wurde, habe ich Hautbiopsien
gemacht,insgesamt etwa zwanzig. Zuhause habe ich diese Hautproben
ausgewertet und mit den Proben von meinen Pferden verglichen.
Dabei stellte ich fest, daß die Pferde, die Ekzem hatten, alle
weniger Schweißdrüsen im Biopsiebereich hatten, wie die
getesteten Nichtekzemer.
Dazu paßt auch, daß die Ekzemer bei Distanzritten immer bei
der Kontrolle der Atmung schlecht abschneiden. Wenn man sich
aber die Mühe macht, die Atmung genau zu beobachten, stellt
man fest, daß sich zwei Arten verschiedener Atemzüge abwechseln.
Ein tiefer Atemzug zum Gasaustausch und ein oder mehrere flache
zur Kühlung über die Mund- und Nasenschleimhäute - ähnlich wie
das Hecheln der Hunde.
Was bedeutet das?
Für mich war damit klar, das Sommerekzem hängt mit der Verteilung
oder dem verminderten Vorhandensein der Schweißdrüsen zusammen
. Wie ich schon andernorts (Das Islandpferd Nr. 23/Sept, Okt
91; Eiðfaxi Nr. 7/90) beschrieben habe, scheint die geringere
Anzahl der Schweißdrüsen die Konzentration der
zu verstärken. Das sind bekanntermaßen Stoffwechselprodukte
(Harnstoff, Glucose, Aceton), Salze , Säuren( Harnsäure, Milchsäure,
Aminosäuren, Fettsäuren) und Pherome . Dadurch können Mücken
angelockt werden, deren Stich dann eine Eiweißreaktion auslösen
kann, oder durch das nur punktförmige Auftreten von konzentrierten
Schweißtröpfchen tritt ein Brennglaseffekt auf oder die Haut
wird durch den konzentrierten Schweiß chemotoxisch irritiert,
das alles zusammen, oder jeder Faktor alleine, kann das Erscheinungsbild
des Ekzems auslösen.
Daß das Sommerekzem auf einer dieser Ursachen beruht, schließe
ich auch aus der Beobachtung, daß bei Ekzemern das Leiden durch
ein Diuretikum (Phytorenal) sehr gut gebessert werden kann.
Dieses Mittel läßt sogar, vorbeugend gegeben, bei behafteten
Tieren, das Ekzem erst gar nicht voll ausbrechen. Bei der Suche
nach Behandlungsmöglichkeiten, stieß ich in einem Histologiebuch
auf den Hinweis, daß Stuten und Kühe nach der Gabe von Prostaglandinen
zur Auslösung des Eisprunges als Nebeneffekt starkes Schwitzen
zeigen könnten! Bei meiner Sammlung aller Fakten, war mir ja
aufgefallen, daß die Ekzemer besonders wenig schwitzen! Daher
besorgte ich mir von der Firma Upjohn das Präparat Dinolytic
(Wirkstoff Dinoprost). Und als mich Gunnlaugur Skúlason, Bezirkstierarzt
bei Selfoss in Südisland, besuchte, trug ich ihm meine Ideen
vor. Daraufhin testeten wir gemeinsam in meiner Herde einige
Pferde, sowohl Ekzemer als auch garantierte Nichtekzemer und
meine Theorie bestätigte sich: die Nichtekzemer standen innerhalb
von 5 Minuten naß vor Schweiß da, während die Ekzemer nach etwa
20 Minuten höchstens am Hals einen Handflächen großen Schwitzfleck
zeigten, wenn überhaupt eine Reaktion auftrat.
Warum haben nun so viele Importpferde Ekzem?
Dazu habe ich nun auch eine Theorie, die meine Gesamttheorie
untermauert. Bei dem kühlen Klima und den ständig wehenden Winden
ist starkes Schwitzen wegen der Erkältungsgefahr tödlich, so
haben sich die weniger schwitzenden Pferde besser fortgepflanzt.
Test
Mit dem Mittel Dinoprost steht nun meiner Meinung nach eine
Testsubstanz zur Verfügung. Nach der Injektion von Prostaglandinen
tritt als Nebenwirkung ein starkes Schwitzen auf. Cave! Trächtige
Stuten! Für einen Test in Island ist das Kriterium: wenn ein
Pferd stark schwitzt wird es auf dem Kontinent kein Ekzemer!
Umkehrschluß:
ein Pferd das in Island nicht mit Dinoprost zum Schwitzen
gebracht werden kann, bleibt besser dort, sonst besteht die
Gefahr, daß das Tier auf dem Kontinent ein Ekzem entwickelt.
Mein Vorschlag zur Durchführung und Organisation:
Nach der Musterung werden die Pferde vor dem Verkaufsabschluß
normalerweise sowieso untersucht. Dabei sollte der untersuchende
Tierarzt Dinoprost spritzen! Schwitzt das Pferd danach, wird
es gechipt und zum Export freigegeben, schwitzt es nicht, könnte
es außerhalb Islands Ekzem bekommen. Daher sollte es nicht (oder
nur auf Risiko des Käufers )
exportiert werden!
Für den Tierarzt steht ein Formular bereit, auf dem er alle
Beobachtungen festhält, die meisten Vorgaben müssen nur noch
angekreuzt werden.
Für diesen Ekzemtest sind ca. 100.DM oder 4.000. IKr zusätzlich
zu zahlen. Davon gehen 20% an den Tierarzt, 20% sind für das
Medikament und 60% kommen in eine Ekzem-Kasse.
Sollte eines der getesteten Tiere (durch den Chip zu identifizieren)
ein Sommerekzem zeigen, wird entweder dem Käufer aus der Kasse
das Pferd
1. zurückgekauft (Isl. Preis + Transport) : Wandlung.
2. Oder es wird ihm: Minderung angeboten.
3. Oder er erhält ein neues Pferd gleicher Güte aber ohne Ekzem
: Neulieferung.
Durch diese Maßname, kann m.E., das Problem des Ekzems und seine
Auswirkungen auf den Markt, das heißt zunächst für den
isländischen Züchter, kalkulierbar gemacht werden.
Für statistische Zwecke erhält jeder Käufer zusammen mit dem
Pferd einen Satz mit 3 Postkarten, auf denen im Ankreuzverfahren
der Zustand des Pferdes beschrieben werden soll. Diese Karten
sollen in drei aufeinanderfolgenden Jahren an eine Zentralstelle
geschickt werden. Dort können sie mit dem Formular der Erstuntersuchung
verglichen werden. Damit haben wir dann eine Fortschreibung
der erhobenen Befunde. Damit ist es auch möglich, ständig genauere
Aussagen über die Ekzemprognose zu geben.
Bei Stuten sollte dabei noch angemerkt werden, ob sie bedeckt
wurden und mit welchem Erfolg! Ich glaube nämlich, daß auf dem
Kontinent nur deshalb relativ so wenige Ekzemer in der F1 Generation
geboren werden, weil eine Disposition zum Ekzem eventuell zu
einer Resorption führen kann. Dieser weiteren Theorie könnte
man mit den Rückmeldungen ebenfalls nachgehen.
Mit meinen Aktivitäten gegen das Ekzem möchte ich den Importpferden
auf dem Kontinent das Schicksal und die Qualen eines Ekzemers
(Funi ist mir immer gegenwärtig!) ersparen! Da ich mir außerdem
meiner Theorie recht sicher bin, ich habe schon mehrere Pferde
in Island getestet und mit meiner Prognose recht behalten, traue
ich mir, diesen Vorschlag zu machen. Je größer die Teilname
und die anschließende Dokumentation ist, desto sicherere Daten
stehen zur Verfügung.
Muster für den jährlichen Zustandsbericht eines Importpferdes
Das Pferd (Hengst/Wallach/Stute) mit der Chipnummer ....................
ist seit Monat/Jahr in meinem Besitz.
Im vergangenen Sommer Jahr traten keine/ folgende Fellveränderungen
..................................................auf.
Ich habe das Pferd von .............................................gekauft.
Die Stute wurde Monat/Jahr von ..............................
bedeckt und hat/ hat nicht abgefohlt.
Absender
© Dr. Dieter H. Kolb |
|