Algaa
fasste Vertrauen: Die unglaubliche Geschichte eines Wildpferdes aus
der Mongolei
 |
[23.10.2000
• Text, Fotos: Elke Georgi] |
|
 |
Hätte
man mir vor ein bisschen mehr als einem Jahr erzählt, dass ich
je ein Pferd besitzen würde, hätte ich diesen Menschen für verrückt
erklärt!!! Ich liebe zwar seit ich denken kann alles, was vier
Beine hat, besonders Hunde, aber ich hatte irgendwie nie die
Gelegenheit näheren Kontakt zu Pferden zu haben. Ich fahre jeden
Tag von meiner Heimatstadt mit dem Zug zur Arbeit, dabei habe
ich eine junge Dame
|
|
kennengelernt, welche, wie sich später herausstellte, sowohl
Hund als auch Pferde besitzt. Es dauerte nicht lange und wir
trafen uns, um mit unseren Hunden spazieren zu gehen. Und zwar
bei Ihr im Ort - rund um den Reitstall und der Weide. Und da
war es nicht mehr weit zu meinem ersten richtigen Kontakt zu
Pferden, zumal die, bei der ich war, ja selbst zwei Haflinger
in diesem Stall hatte.
Das begann alles ungefähr letztes Jahr im Mai!
Auf der Weide, wo wir ja die meiste Zeit verbrachten, waren
auch "drei etwas größere Ponys", die jedoch absolut scheu waren
und sich nicht greifen ließen. Man erzählte mir, dass wären
mongolische Wildpferde, welche früher in einem Schloßgarten
gestanden hätten und von einer mongolischen Familie betreut
wurden, die jetzt aber von dort weg musste. Ich fragte nicht
näher nach, ich fand nur gerade ihre Scheuheit und Intelligenz
im Bezug auf Einfangversuche (welche einige Mädchen aus dem
Stall machten) faszinierend!
Wie gesagt, wir verbrachten viel Zeit mit unseren Hunden auf
der Weide und irgendwann geschah es dann, dass sie zu uns kamen,
sogar schon mal ein-, zwei Mal darüberstreicheln tolerierten.
Zögernd nahmen sie auch schon mal eine Karotte oder ein Stück
Brot. Irgendwann gelang es uns, zwei von den dreien ein Halfter
überzuziehen - der dritte war einfach viel zu schlau!!! Wir
beide blieben aber die einzigen, zu denen sie Vertrauen fassten
- versuchte jemand anderer zu ihnen zu gehen, waren sie weg.
Ein Fuchs, ein Falbe und ein Schecke. Der Fuchs war der Schlaueste,
der Falbe der Sturste und der Schecke musste verstehen, warum
was getan wird! Der Schecke war es dann, den wir am 10. Juni
1999 als allerersten in den Stall brachten. Wir hatten tagelang
versucht ihnen klarzumachen, was wir mit Hilfe des Führstrickes
am Halfter machen wollten - sie zu führen!!!!
Der Schecke war also der erste im Stall unten - und irgendwie
kam es dann, dass ich gefragt wurde, ob ich mich nicht in Zukunft
ein wenig um ihn kümmern will. Na ja, ich wollte schon, aber
ich hatte ja zuvor kaum mit Pferden zu tun. Aber man gab mir
das Versprechen, mir zu helfen, wo immer ich Hilfe brauchte.
Schon am nächsten Tag setzte ich beim Intersport Eybl jede Menge
Geld in Putzutensilien um!!!!
Ich ging mit ihm spazieren, zeigte ihm, dass Autos nicht beißen,
dass Hufe heben nicht der Ansporn zum Steigen sind, dass Bürsten
nicht töten und später dann, dass man beim Longieren nicht stehen
bleiben soll, dass Sättel keine Raubtiere am Rücken sind u.s.w.
Im Nachhinein weiß ich nicht, wen ich mehr bewundere, das Pferd
oder mich. Ich hatte ja selbst null Ahnung von all dem!!! Aber
er fasste Vertrauen, er respektierte mich und manchmal glaube
ich, dass er mich schon damals sehr gern hatte. Denn ich konnte
fast alles mit ihm machen, aber nur ICH! Das zeigte sich bald,
denn schließlich gehörte er ja nicht mir, sondern dem Verein
und eigentlich konnte jeder das mit den drei Pferden machen,
was er wollte. Aber das wollten die Drei nicht, besonders "meiner"
verkraftete das seelisch nicht, wenn jemand andere versuchte
ihn zu "benutzen"! Vielleicht war es auch, weil ich noch nicht
reiten konnte und deshalb nicht "alles" von ihm verlangte! Ich
begann dann im August auf einem Schulpferd das Reiten zu lernen.
Ende August, Anfang September merkte ich manchmal eine deutliche
Veränderung wenn ich zu ihm kam, einmal war es so arg, dass
er andeutete, auf mich auszukeilen. Ich wusste, dass er mir
nur etwas sagen wollte, konnte mir auch schon denken was. Im
Nachhinein erfuhr ich, dass jemand versucht hatte mit ihm zu
springen und dass man außerdem vorhatte, dass die Drei im Schulbetrieb
gehen müssten, weil sie sonst ja nur Geld kosten würden! Ich
war kurz vorm Verzweifeln, hatte ich ihn doch schon mehr als
nur ein wenig lieb! Ich glaube meine Eltern hatten schon geahnt,
was ich dann auf den Tisch brachte: Entweder ich würde ihn nehmen
oder ich würde nie mehr wieder dorthin fahren, um nicht zu sehen
wie es ihm geht! Was ich tat kann man sich ja denken!
Es war nicht ganz leicht, keiner wollte mir genau sagen, ob
man die Pferde hergeben würde. Ich hatte Glück im Unglück, gerade
die Person, welche am Anfang am aller skeptischsten mir gegenüber
war (und heute eine sehr gute Freundin ist), hatte erkannt,
dass sich da zwei gefunden haben. Und so kam es, dass sie es
schaffte, dass ich Ende September stolze Besitzerin meines Algaas
wurde.
Ich stand dann noch bis Mitte Februar in diesem Stall dort,
musste aber aus einigen Gründen (Auto kaputt, Prüfung in der
Arbeit..) mit ihm in die Nähe von mir ziehen. Dort waren wir
dann aber nur bis Ende April, was jedoch nicht geplant war,
aber da ich meinen Traumstall gefunden hatte und sich die Möglichkeit
bot sind wir nocheinmal umgezogen. Aber hier bleiben wir jetzt
ganz, ganz sicher, es ist sein und mein Traumstall !!!!
Den beiden anderen geht es leider nicht ganz so gut - sie gehen
als Schulpferde. Ich habe sie erst einmal dazwischen gesehen,
weil die Leute dort auf mich angefressen sind, weil ich gegangen
bin. Ich kann dazu nur sagen, dass ich mehr als glücklich über
meine damalige Entscheidung bin - so leid mir die beiden anderen
auch tun. Vor allem, weil ich weiß, was aus ihnen hätte werden
können. Natürlich hat mich auch die Herkunftsgeschichte interessiert.
Und nach mehreren Nachforschungen komme ich im Groben immer
wieder auf das selbe Ergebnis: Jemand hatte sehr gute Handelsbeziehungen
zur Mongolei und holte sich mehr als Gaude und Jux die drei
Pferde in diesen Schlossgarten. Die drei Wallache (nur diese
hatte er ausführen dürfen), welche mit der transsibirischen
Eisenbahn nach Europa kamen waren damals ca. 3-4jährig. Die
nächsten 8-9 Jahre standen sie in schulterhohem Gras und fraßen
und fraßen und fraßen. Kaum Kontakt zu Menschen, außer dieser
schon erwähnten mongolischen Familie. Der Tierarzt erzählte
mir, er hätte ihnen einmal Blut abnehmen sollen, man hatte sie
angeblich mit Fußketten gefesselt, nur zu den Mongolen hätten
sie ein wenig Vertrauen gehabt. Als der Mann, welcher sie geholt
hat sozusagen verschwunden ist, mussten die Mongolen irgendwann
aus dem Schloß hinaus, wieso und warum weiß ich nicht so genau.
Jedenfalls erfuhr ein Reitverein, dass der, welcher die drei
einfangen könne, sie auch behalten könne. Das muss Anfang letzten
Jahres gewesen sein.
Mein Kleiner ist durch meine Geduld für mich ein absolutes "Traumpferd"
geworden. Und ich weiß, wenn er nicht soviel Vertrauen zu mir
hätte, würde er mit mir machen was er wollte, denn nach ein
paar Monaten auf dem Schulpferd und vor allem einem schweren
Sturz, seit dem ich mich vorm Gallopieren fürchtete, kann ich
wirklich nicht toll reiten. Aber ich weiß, dass ich mich auf
ihn verlassen kann. Und wir beide sind dort am liebsten, wo
er herkommt, in der Natur!! Natürlich gehört auch ein wenig
Arbeit im Viereck dazu. Und sonst arbeite ich viel nach Monty
Roberts, NHT und ähnlichem mit ihm und wir haben auch schon
einen Zirkuslektionenkurs gemacht.
Mein Algaa (was "Der Buntgescheckte" heißt) ist ein braun-weiß
gescheckter Wallach. Die beiden anderen sind der Fuchs Shisque
(heißt "Der Kleine") und der Falbe Erchee (heißt "Der Verwöhnte").
|
|