Gæðingars in Hülle und Fülle - Island-Impressionen
[24.07.2000 • Text: H. Frie • Fotos: J. Ebert, M. Morbach]

Island: Das Traumland aller Pferde mit einem Leben in der Freiheit riesiger Herden und unendlicher Weiten...?

Island: Das Land, in dem unsere geliebten Islandpferde halb verwildert aufwachsen und sich die Bauern zum Fangen auf sie schmeißen, wo sie schnell und mit Grobheit eingeritten werden und schließlich ungestüme Reitpferde sind?

Dass die Wahrheit über die Insel und seine heißgeliebten Pferde irgendwo dazwischen liegt und viele Vorurteile in die Mottenkiste gehören, stellte die "Taktklar"-Redaktion auf ihrer jüngsten Island-Tour mit Landsmót-Besuch zum krönenden Abschluss fest.


• Bei einem Pferdenarren im Ölfus...

45 Kilometer hinter Reykjavík sind wir am Ziel: Ein großes Schild am Straßenrand weist auf das Gestüt "Kvíarhóll" im Ölfus bei Selfoss hin. Hier haben wir nach vortägiger Inspektion von Pferden und Anlage einen Ausritt gebucht - Nicht ohne Bedenken meinerseits! Werden wir mit den echt isländischen Kollegen unserer Lieblinge zurechtkommen? Oder erwarten uns scheue, ungestüm vorwärtseilende Pferde?

Doch Gunnar unser Reitbegleiter und Kvíarhóll-Mann stellt von Anfang an klar: "I have no racing horses!" - Er hat keine Rennpferde, vielmehr, so fährt er fort, seien sie alle lieb und einfach zu reiten. Mit freundlichem Grinsen und einem Islandspitz namens "Creamy" im Schlepptau führt er uns in den Stall, wo zahlreiche Islandpferde in Boxen eingestellt sind. Umständliches Fangen entfällt so, aber wohl ist mir beim Anblick der Isis in den sehr kleinen Boxen nicht - oftmals können sich die Tiere kaum umdrehen; nur ein Isabelle hat ein geräumigeres Areal zur Verfügung. Und trotzdem: Der Stalltrakt ist hell und sauber eingestreut, die Pferde gut gepflegt und zutraulich, das Sattelzeug in ordentlichem Zustand. Und Gunnar erzählt voller Begeisterung von seinen Pferden, während der Islandspitz die Rösser neckt, indem er Ihnen ans Maul springt. Beim Blick auf die Weiden und den Paddock rings um den Stall, hoffe ich, dass die Reitpferde zumindest stundenweise freien Ausgang haben...

Bevor er uns einen passenden Vierbeiner heraussucht, fragt der Rittbegleiter nach unserer Reiterfahrung und, ob wir daheim bereits Islandpferde geritten haben. Zufrieden stellt er fest: "All no beginners" , mustert uns noch einmal und holt bewaffnet mit Zaumzeug das erste Pferd für uns fortgeschrittene Reiter heraus. Weiter geht´s in einen kleinen Vorraum, welcher eine kleine Reithalle, Sattelplatz und Futterkammer zugleich beinhaltet. Mit einer Wurzelbürste wische ich kräftig über den Rücken "meiner" eleganten Rappstute mit lebhaftem Ausdruck, dann hat der Kvíarhóll -Züchter bereits einen Sattel auf dem Arm, den er auf die nun kreiselnde Stute auflegt. Das kann ja heiter werden! - Unweigerlich flackern alte Vorurteile über Original-Isländer auf.

Schon ermutigt uns Gunnar , die Reittiere hier im Vorraum kurz zu testen; derweil will er den Isabellen für sich startklar machen. Ich steige wie gewohnt von links auf und die Stute bleibt brav stehen, danach will Sie jedoch los, nicht schnell, aber los. "You don't have to worry about her! She is a very nice horse!" - Unser Reitbegleiter sieht meinen skeptischen Blick beim Versuch die Rappstute anzuhalten.

Als er das garagenähnliche Tor nach draußen öffnet, erwarten wir den Beginn des Ausrittes, aber Gunnar reitet mit uns zuvor noch auf der hauseigenen Ovalbahn, will sich vergewissern, dass alle mit den Pferden klarkommen. Und wie kommen wir klar? Gemütlich ist es mit "meiner" Stute, Treiben erwünscht, sogar erforderlich. Brav schreitet sie voran, nur das Stehenbleiben missfällt ihr. Ohne Probleme scheinen sich meine beiden Freundinnen ebenso mit "Blesa" und "Rauður" angefreundet zu haben, wie ein kurzer Seitenblick verrät.

Endlich dürfen wir hinaus und statt im rasanten Tölt, startet unser Ausflug im gemütlichen Schritt entlang der Ringstraße, wo Autos und Lastwagen in unverminderter Geschwindigkeit an uns vorbeidonnern, was den Pferden nicht mal ein Wimpernzucken ablockt. Bei frischen Temperaturen und mit vorübergehender Regenpause wandert unsere vierer Gruppe weiter und ich beginne, den Ritt zu genießen. Die Pferde suchen sich über glitschigem, hügeligem oder nassem Untergrund den besten Weg und Gunnar erzählt von "seinem" Hausberg, beantwortet all unsere Fragen zu den Pferden und betet die Abstammung meiner Reitstute namens "Hrund" herunter. Unvermittelt töltet er zwischendurch an und alle Pferde gehen freiwillig zumindest ein Art Tölt - Mein Stutchen töltet im Arbeitstempo taktklar voran, ohne Hast und ohne viel Hilfengebung. "A very nice horse", bestätige ich Gunnar, der gemütlich auf seinem Isabellen neben uns herreitet.

Plötzlich steuert der isländische Rittführer auf einen steilen Hügel am geschotterten Wegesrand zu - Hier sollen wir rauf? Aber nein, Pause ist angesagt! Gunnar springt ab und klingt den Zügel auf einer Seite aus, damit sein Reitpferd besser fressen kann; wir tun es ihm gleich.

Auch beim Heimritt zeigen sich unsere Vierbeiner sehr gehorsam: sie drängen nicht nach Hause, kleben nicht aneinander; ohne Murren durchqueren sie Pfützen, welchen unsere heimischen Isis tunlichst ausweichen würden und auch ein kleiner Trab ist drin.

Viel zu schnell gelangen wir wieder zur Hofauffahrt, die wir bis zum letzten Meter im Tölt beschreiten. Nun lädt uns Gunnar nochmals auf die Ovalbahn ein, wo wir noch einige Runden zum Abschluss drehen. Zufrieden steigen alle ab, versorgen die Tiere und nehmen Gunnars Angebot zur Besichtigung seiner Zucht gerne an.

Also hieven wir uns über den Stacheldraht- und Schafszaun zur Mutterstuten- und Jungpferdekoppel - Die gefahrenträchtige Umzäunung erinnert mich wieder daran: Wir sind nicht in Deutschland!

Munter marschiert der stolze Züchter über die buckelige Wiese und erklärt seine Zuchtphilosophie. Immer wieder stoppt er bei einem Vierbeiner, um ihn näher zu charakterisieren, seine Ahnen vorzustellen. Vorsichtig nähert er sich einigen Jungtieren, kriecht schließlich über den Boden, legt sich neben ein fuchsfalbendes Jungpferd und streicht ihm über die Stirn, was es vertrauensvoll zulässt. Nach einem ersten Winter bei ihm im Stall seien sie alle so zahm und doch zugleich noch genügend respektvoll. Nicht zu viel Berührung und Kontakt, doch auch nicht zu wenig, erläutet Gunnar sein Ausbildungskonzept für das Jungvolk. Wir Fremdlinge dürfen sich ihnen ebenfalls freundlich annähern und sie streicheln. Der Kvíarhóll-Mann wird indes nicht müde von seinen Lieblingen zu erzählen, sei es über seine gute alte "Drottning" oder die frisch geborenen Fohlen seines Hengstes "Kólstakkur", der die bunte Farbpalette dieser Zucht ermöglicht.

Der Abschied von diesem wirklichen Pferdenarren fällt schwer, aber ein Blick auf die Uhr mahnt zum Aufbruch, sollen heute doch noch mit "Geysir" und "Gullfoss" zwei Sehenswürdigkeiten des "Golden Circle" abgeklappert und zudem ein weiterer Pferdezüchter besucht werden.



• Immer wieder Islandpferde...

Viel pferdiges gibt es für uns auch beim weiteren Aufenthalt in Island zu sehen:

Wir besuchen die "Hestaskólinn" und dürfen dort Reynir Aðalssteinsson live beim Unterricht einer Gruppe im Dressurviereck erleben. Bedauerlicherweise sind die Boxen der Reitpferde hier besonders eng, dunkel und die Einstreu verschmutzt; allerdings stehen draußen einige Paddocks und Weiden bereit, auf denen sie hoffentlich zumindest für einige Stunden täglich der Enge entkommen können.


Um die Verwandten ihres Pferdes "Gormur" sowie dessen Züchter Valur persönlich kennen zu lernen, hat meine Freundin Maike darüber hinaus einen Besuch auf "Gýgjarhóli" organisiert, wo wir das isländische Landleben hautnah erleben können. Ein Ausritt mit Pferdetreiben beweist wieder die Rittigkeit der Islandpferde, die hier wirklich arbeiten und daher trittsicher, zäh und frei von Unwilligkeiten wie Kleben an den Artgenossen sein müssen.

Zudem begegnen Sie uns bei jeder Fahrt über Land: Islandpferde in solch bunter Vielfalt und Schönheit, dass wir ins Schwärmen geraten...



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