Wer in Osterbyholz nicht dabei war, hat wirklich 'was verpasst!
Es gibt nur wenige Veranstaltungen im Kalender der deutschen Islandpferde-Szene, die attraktive Zucht-Vorstellungen zeitgleich mit sportlichen Höchstleistungen verbinden. Das "DIZ 2008" (Internationales Deutsches Islandpferde Zuchtchampionat) war ein solches Highlight - bis Sonntag erlebte das Publikum auf dem Gestüt Osterbyholz fünf Tage lang nahezu 200 Islandpferde auf Spitzen-Niveau in beiden Disziplinen. Damit hat das Turnier auf deutschem Boden neue Maßstäbe gesetzt.
Gastgeber Iris Petrikat und Peter Neumann hatten - bevor sie am Finaltag schließlich auch noch selbst mit einem Ehrenpreis für die Nachzucht ihrer Stute Embla frá Miðengi ausgezeichnet wurden - auf ihrer Anlage der internationalen Kategorie A für optimale Bedingungen gesorgt, und die Aktiven honorierten diese mit absoluten Höchstleistungen in den zahlreichen Zucht- und Sport-Wettbewerben. Bundeszuchtleiter Horst Gerhold und sein Stellvertreter Alex Conrad zeigten sich ebenso begeistert: "Dies ist ein großartiges Fest der Islandpferde. Vielen Dank an alle, die zu seinem Gelingen beigetragen haben!"
Veteranen wie August Beyer stießen ins selbe Horn: "Das ist die beste Zuchtveranstaltung, die ich auf deutschem Boden je erlebt habe. Die Bahn ist die wohl am besten geeignete für solche Wettbewerbe, und das macht dann auch für Reiter und Zuschauer richtig viel Spaß. Außerdem ist das Niveau einfach ganz große Klasse, und dass sowohl der beste Hengst wie auch die beste Stute aus deutscher Zucht stammen, ist doch noch das i-Tüpfelchen obendrauf!"
Der mehrfache Weltmeister Jóhann Rúnar Skúlason, gebürtiger Isländer und wohnhaft in Dänemark, war u.a. bei den FIZO-Prüfungen sehr aktiv. Jói stellte in Osterbyholz acht Hengste und Stuten vor. Darunter auch eine Sport-Premiere, für die er sich aus gutem Grund das "DIZ" ausgesucht hatte: Skúlason zeigte vor großer Kulisse seinen 6-jährigen Hengst Kiljan frá Blesastöðum, mit dem er 2009 bei der WM in der Schweiz antreten will. Der Erfolgsreiter stand immerhin bei den vergangenen vier Weltmeisterschaften jedesmal im Töltpreis-Finale - genau dort will er wieder hin, und unsere deutschen Sportreiter schauten sich ihre Konkurrenz schonmal ganz genau an.
Auf seinem Kiljan hatte Jóhann Skúlason am Wochenende zunächst 7,92 Punkte in der Vorentscheidung erzielt und damit bereits in der Vorentscheidung für klare Verhältnisse gesorgt. Im Finale am Sonntag gewann er schließlich mit einer Bewertung von 8,17 (u.a. erhielt Kiljan 9,00 für das langsame Tempo Tölt). Fast eine ganze Note Unterschied zur Zweitplatzierten Christina Larsen - das sah schon ganz deutlich nach dem Weg zum WM-Ticketschalter aus. Von der Premiere an der Eckernförder Bucht zur Weltmeisterschaft in den Schweizer Bergen - das wär' doch was.
Finale: T1 - Töltpreis
1) Jóhann Rúnar Skúlason - Kiljan frá Blesastöðum - 8,17
2) Christina Johansen - Frigg frá Árnagerði - 7,22
3) Týri Thordarson - Thjassi vom Wotanshof - 7,17
4) Elías Árnason - Jór frá Gýgjarhóli - 6,83
Und auch das weitere Starterfeld konnte sich sehen lassen: Nicole Kempf aus Neumünster (sie stellte u.a. die Siegerin bei den jungen Stuten, eine Tochter von Kongur frá Wetsinghe) musste sich mit ihrer Stute Bylta vom Auehof bei der großen internationalen Konkurrenz in zwei Rennpass-Disziplinen jeweils nur dem norwegischen Reiter Kristjánn Magnússon geschlagen geben; zweiter Platz sowohl im Speedpass wie auch im Passrennen über 250 Meter.
Styrmir Árnason, in der Vergangenheit bereits mehrfach mit WM-Lorbeer ausgezeichnet, zeigte sich ebenfalls in Top-Form: mit seinem Hengst Hrani vom Schloßberg sowie mit Djáknar frá Hvammi, Hugsýn vom Schloßberg und Hrafnar frá Húsavik war er zweigleisig unterwegs und überzeugte sowohl in Zucht- wie auch in Sport-Prüfungen. Der 9-jährige Hlynur-Sohn Hrani aus der Zucht von Günther Weber und im Besitz von Þorsteinn Hjaltested war am Ende sogar der Spitzenreiter im Gesamt-Ranking: 8,80 für die Reiteigenschaften (u.a. 9,50 für Pass!), alle Achtung! Stymmi hatte vor etlichen Jahren bereits längere Zeit auf dem Gestüt von Peter Neumann gearbeitet. Und auch wenn er jetzt im Rheinland lebt: "Mit Osterbyholz verbinde ich viele schöne Erinnerungen, und hierhin komme ich einfach immer wieder gern zurück!"
Ein paar Hundertstel mehr und damit wahrlich "isländische Verhältnisse" schaffte bei den Reiteigenschaften nur Vordís vom Kronshof mit WM-Silbermedaillengewinnerin Frauke Schenzel im Sattel: 8,85 zum großen Staunen und zu begeistertem Applaus des Publikums.
Top 5 des Gesamt-Rankings der Zucht-Wettbewerbe:
DE1999106091 - Hrani vom Schloßberg - Styrmir Árnason - Ext. 8.20- RE 8.80 - 8.56
IS2001187336 - Snar frá Kjartansstöðum - Jóhann Rúnar Skúlason - Ext. 8.28 - RE 8.69 - 8.53
DE2003234841 - Vordís vom Kronshof - Frauke Schenzel - Ext. 7.96 - RE 8.85 - 8.50
DE2002134775 - Tango vom Kronshof - Frauke Schenzel - Ext. 8.09 - RE 8.49 - 8.33
DE2001263574 - Hugsýn vom Schloßberg - Styrmir Árnason - Ext. 7.89 - RE 8.50 - 8.26
Apropos Kronshof: die Mannschaft aus der Lüneburger Heide hatte zum DIZ eine bunte Gestütsschau mit 9 Pferden vorbereitet und zeigte neben Vordís und Tango u.a. auch den beeindruckenden Tigull vom Kronshof. Das macht doch Lust auf mehr! Viel Freude hatte das
Publikum auch an der Nachkommen-Vorstellung des Hengstes Depill frá Votmúla. Insgesamt 19 Depill-Kinder (u.a. die in Osterbyholz hoch bewertete Skvísa vom Hrafnsholt) waren in einem tollen Schaubild auf der Bahn von Osterbyholz zu sehen, und bei ihnen saß eine Auswahl erfolgreicher Reiter im Sattel: u.a. hatten Jói Skúla, Jolly Schrenk und Julie Christiansen es sich nicht nehmen lassen, dabei zu sein.
Ebenfalls mit von der Partie: Annelie Glässing, Nils Christian Larsen und Frauke Schenzel.
Der "Meister" selbst wurde von Steinar, dem Sohn von Samantha und Kóki, in die Bahn geritten, und nach einer Vorführung aller Pferde ritt Sammy dann noch einmal selbst mit ihrem treuen 17-jährigen Gefährten eine Runde im Tölt und düste abschließend zum donnernden Applaus des Publikums im Rennpass an der Tribüne vorbei.
Erfolgreichster Zucht- und Sportreiter insgesamt war Agnar Snorri Stefánsson. Er ritt mehr als ein Dutzend Pferde und erntete dafür von den Richtern hohe Noten sowie reichlich Applaus vom Publikum. Er durfte sich zu Recht freuen: "Es macht einfach Spaß, gemeinsam mit so vielen starken deutschen und skandinavischen Reitern und Pferden anzutreten.
Und wenn dann auch noch die Noten stimmen, ist das erst recht schön. Wenn's hier wieder einmal ein Turnier gibt, bin ich gern wieder dabei!"
Gern dabei sind bestimmt auch die Zuschauer, wenn "Aggi" nochmal solche Vorstellungen zeigt wie die mit Fálki frá Sauðárkróki im A-Flokkur. Zur überragenden Endnote von 9,12 Punkten trug u.a. eine 10,00 für den Trab und eine 9,80 für den Pass bei. Da gab's lauten Szenenapplaus - und zwar verdient.
Gæðingakeppni - A-Flokkur (Fünfgang)
1) Agnar Snorri Stefánsson - Fálki frá Sauðárkróki - 9,12
2) Jolly Schrenk - Elgur vom Steinadlerhof - 8,62
3) Nicole Kempf - Kongur frá Wetsinghe - 8,57
4) Sigi Oskarsson - Gaukur frá Kilhrauni - 8,36
5) Elías Árnason - Glúmur frá Stóra-Ási - 8,13
6) Nicolai Friedemann Breuer - Fölvi frá Hafsteinsstöðum - 8,03
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 | Agnar Snorri Stefánsson---------------------------------------Nicole Kempf |  |
Die Siegerehrung führte Kóki Òlason durch. Er war mit seiner Ausrüster-Marke Top Reiter Hauptförderer des Zuchtchampionats und hatte für die mit deutschen und internationalen Spitzenreitern erstklassig besetzten Sport-Wettbewerbe zahlreiche Preise gesponsert.
Die Sportwartin des IPZV Nord, Stephanie Bruckert-Nagel, machte auch noch einmal deutlich, wie wichtig gerade das Zusammenwirken von Zucht und Sport bei solchen Veranstaltungen ist: "Wie hat Horst Gerhold das auf der Jahreshauptversammlung doch so schön gesagt - 'Wir züchten, damit Ihr etwas zum Reiten habt.' Genau daher müssen wir doch Hand in Hand gehen, und dieses richtig tolle Teilnehmerfeld ist einfach eine Klasse für sich. Das muss man gesehen haben!"
Richtig stark waren nach den Fünfgängern auch die Starter im B-Flokkur, dem Viergang. Jóanis I. Hoygarðinum von den Färöer-Inseln, in den vergangenen Jahren schon desöfteren z.B. auf den Passchampionaten in Zachow in Erscheinung getreten, hatte in Osterbyholz alles richtig gemacht. Auf Marel frá Feti, Zucht-Weltmeister 2005 in Norrköping, erritt er 9,01 Punkte und gewann mit 8 Hundertsteln Vorsprung vor Stymmi Árnason auf Hrafnar frá Húsavik. Diese Reiter hatten ja schon in den Tagen zuvor auf der Passbahn alles gegeben, um in den Materialprüfungen stetige Verbesserungen herauszuarbeiten; am Finaltag ließen sie es schließlich zudem auf der Ovalbahn krachen.
Dem Publikum gefiel's.
Gæðingakeppni - B-Flokkur (Viergang)
1) Jóanis I. Hoygarðinum - Marel frá Feti - 9,01
2) Styrmir Árnason - Hrafnar frá Húsavik - 8,93
3) Julie Christiansen - Hrodur frá Reykjavik - 8,46
4) Elías Árnason - Jór frá Gýgjarhóli - 8,36
5) Halldór Gisli Guðnason - Þrymur frá Þóreyjarnúpi - 8,32
6) Stephanie Bruckert-Nagel - Roði frá Ármóti - 7,99
Bis die Nachzucht des 7-jährigen Kopernikus vom Heesberg (V: Bokki frá Akureyri, M: Kolbrá frá Árbæ) unterm Sattel durch die Ovalbahn flitzt, dauert's noch ein Weilchen. Eine Auswahl der munteren Nachfahren stellte sein Züchter Daniel C. Schulz aber schonmal auf dem Zuchtchampionat vor und wurde dafür prämiert: exzellente Jungpferde mit einer Materialprüfung von deutlich über 8,00.
Genau den richtigen Ton traf Züchter des Jahres Heinrich Quick, als er den Preis für das beste Jungpferd (Dynur von Svaða-Kol-Kir, 8,27) entgegennahm, und damit sprach er vielen aus der Seele: "Als ich hörte, dass das Zuchtchampionat in diesem Jahr so weit im Norden stattfinden sollte, hatte ich mir zunächst vorgenommen, es sausen zu lassen. Dann habe ich mir allerdings gedacht: ein DIZ haben wir nur alle zwei Jahre, die Anlage in Osterbyholz ist einfach top, und wenn viele aus dem In- und Ausland kommen, wird das bestimmt 'ne Riesen Party. Also bin ich hergekommen - zum Glück. Wer ähnlich gedacht hat wie ich zunächst und dann aber trotzdem zu Hause geblieben ist, der hat echt 'was verpasst. Beim nächsten Mal lernen sie hoffentlich daraus und kommen alle!"