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Botulismus bei Pferden nach Fütterung von Grassilage
[26.08.2002 • Autor: VUW]


Die I. Medizinische Klinik für Einhufer und Kleintiere an der VUW (Veterinärmedizinische Universität Wien) wurde in letzter Zeit vermehrt mit Pferden befasst, die an Botulismus leiden. Diese Tiere waren in den überwiegenden Fällen mit Grassilage gefüttert worden.
Botulismus ist eine von Lähmungen
charakterisierte Krankheit und wird durch Aufnahme von Botulismustoxinen verursacht. Botulismustoxine werden von Clostridium botulinum, einer Bakterienart, produziert. Diese Bakterien leben häufig im Boden und vermehren sich in Abwesenheit von Sauerstoff. Wenn die Bakterien ungünstige Lebensbedingungen vorfinden, bilden sich Sporen, genau wie bei Milzbrand- und Tetanusbakterien. Diese Sporen sind inaktive Dauerformen, die sehr resistent gegen Umwelteinflüsse sind und auf diese Weise lang im Boden überleben können. Die Sporen werden jedoch bei Temperaturen von 120°C in 20 Minuten abgetötet.

Klinische Symptome bei klassischem Botulismus

Die klinischen Erscheinungen beim Pferd werden durch die von den Bakterien
gebildeten Gifte ausgelöst, die häufigsten Toxine beim Pferd sind das A, B
und C-Toxin. Die klinischen Symptome sind nicht immer spezifisch: Unfähigkeit zur Futteraufnahme, Zungenlähmung, Zurückfließen des Futters
über die Nase wegen Schluckbeschwerden und Muskelzittern treten auf. Die
Lähmung schreitet fort, bis das Pferd zum Festliegen kommt. Im Endstadium ist auch die Atmungsmuskulatur gelähmt, so dass die Tiere ersticken.

Mildere Verlaufsformen

In der Literatur werden gelegentlich Fälle mit weniger ausgeprägten Lähmungen beschrieben. Diese Erfahrungen haben sich auch hier an der Klinik bestätigt. Kürzlich wurden Fälle beobachtet, bei denen die Pferde anfangs sehr matt waren und eine geringgradige Kolik zeigten. In einigen Fällen war die Aufnahme von Futter beeinträchtigt, die Nase war mit Futterresten verschmutzt. Bei genauer Beobachtung waren die Pferde in der Lage, etwa 70% des Heus noch abzuschlucken, später wurde das immer weniger. Die Darmaktivität war stark gehemmt und über eine gesetzte Magenschlundsonde floss häufig wässriger Mageneinhalt ab. Abgesehen von den Blutgaswerten waren die Blutwerte bei dieser Pferde nicht auffällig verändert. In etwas weiter fortgeschrittenen Fällen speichelten die Pferde leicht und legten sich öfter hin. Im Endstadium schafften sie es nicht mehr aufzustehen. In den Seren der bei uns eingelieferten Pferde wurde Toxintyp C2/D nachgewiesen.

Therapie

Im sehr frühen Stadium kann man mittels Injektion von spezifischen Antikörpern die Toxinwirkung abpuffern. Sobald jedoch eine Bindung des
Toxins an die Nerven erfolgt ist, dauert es lange (ca. 47 Tage), bis sie
völlig abgebaut sind. Das für einen Therapieversuch nötige Antiserum kostet etwa $ 2500 pro Dosis und ist nur in kleinen Menge verfügbar. Fälle, die weiter fortgeschritten sind, können nur noch symptomatisch und unterstützend, z.B. mit Sondenernährung, behandelt werden. Die Todesrate liegt dann aber zwischen 70 und 90%.

Prophylaxe

Es gibt leider keine kommerziell verfügbare Impfung. Man kann nur
versuchen, die Aufnahme von Toxinen zu vermeiden. Die Ursache des Botulismus liegt häufig in einer Kontamination des Futters. Bekannte Infektionsquellen sind Kadaver im Heu, wie z.B. die von toten Mäusen, Katzen oder Hasen. Um Symptome auszulösen, genügen bereits 100 Gramm Heu aus einer entsprechenden Stelle.
Eine häufigere Ursache scheint die Kontamination von Silage mit Erde und
darin enthaltenen Clostridiensporen zu sein. Im Prozess der Silageherstellung entsteht ein sauerstoffarmes Milieu, welches das Clostridienwachstum prinzipiell fördert. Unter normalen Umständen sinkt der Säuregrad (pH-Wert) der Silage jedoch rasch bis unter pH 4,5 ab, was dazu führt, dass eventuell anwesende Clostridiumsporen nicht mehr in der Lage sind, sich zu toxinproduzierenden Bakterien zu entwickeln. Sinkt der Säuregrad jedoch nicht genügend ab, entsteht eine ideale Umwelt ür die Clostridien und es ann viel Toxin gebildet werden.

Da die Anhäufung der Botulismusfälle auffällig ist und alle Fälle mit
Fütterung von Silage verbunden waren, empfehlen wir, die Futterqualität
kritisch zu beachten. Bei einer qualitativ guten Silage ist das Risiko für Botulismus vermutlich nicht höher als bei Heufütterung.
Bei der Düngung ist zu empfehlen, keine Hühnergülle einzusetzen.
Entscheidend ist die Erntetechnik, die auf eine möglichst kontaminationsarme
Gewinnung auszulegen ist, insbesondere sollte die Schnitthöhe nicht zu
niedrig gewählt werden. Damit sinkt das Risiko, kontaminiertes Bodenmaterial
mit zu ernten.
Eine eher feuchtere, gut durchsäuerte Silage scheint hinsichtlich der
Botulismusproblematik weniger anfällig zu sein, da es ab pH 4,5 zu einer
Hemmung von Cl. botulinum kommt.








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