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„Von trockenen Köpfen und zu wenig Verjüngung“ oder „Zuchtpferdesichtung für Anfänger“
[08.04.2012 • Autor: Taktklar Redaktion]


Text:Nicole Klein

„Von trockenen Köpfen und zu wenig Verjüngung“ oder „Zuchtpferdesichtung für Anfänger“

Trockene Beine, aber kuhessig, zehenweit oder zeheneng ? Zu tief angesetzter Hals, zu kurze Beine und nicht zylindrisch ?
Wem geht es nicht so, dass er in Worldfengur surft und mittels Virtual Mate Selection den Totilas der Islandpferde baut.
Aber wie sieht es denn nun aus DAS Islandpferd mit dem perfekten Gebäude und warum ist eine vorfallende Rückenlinie so schlecht und ein höher angesetzter Hals besser als ein tief angesetzter ?
Um Licht ins Dunkel zu bringen meldet sich das potenzielle Neuzüchterlein mit seinem Pony zur Zuchtpferdesichtung in Lingen an.
Und weil das beste Richter/Testreiterteam für das Superpony gerade gut genug ist müssen es natürlich Barbara Frische und Thordur Thorgeirsson (oder wie auch immer man es schreibt) sein. Natürlich weiß das Züchterlein, wenn es die rosarote Brille abnimmt, dass des Ponies Rücken etwas lang, der Hals etwas kurz und die Kruppe dummerweise etwas höher ist als der Widerist. „Aber ich liebe sie doch !“
Nun wenn wir schon beim Gebäude „Miese machen“, dann soll zumindest der Mann, der die besten Islandpferde der Welt geritten hat und als bester Zuchtreiter weltweit gilt, einmal des Neuzüchterleins Pony reiten.
Also Sattel und Trense poliert, Anhänger gepackt und nach auf Grund von extremer Aufregung durchwachten Nacht das Pony eingeladen und ab nach Lingen. Zweieinhalb Stunden später bei gefühlten 3 Grad geht es los.
Erste wichtige Frage bei der Vorbesprechung: „ Muss ich mein Pferd selber reiten, oder kann es nicht gleich Thordur machen ?“.  Die Antwort von Barbara „Niemand MUSS sein Pferd selbst vorstellen, das kann auch Thordur machen, dafür haben wir ihn ja hier.“ verschafft dem Neuzüchterlein extremste Erleichterung, denn wer will sich schon selbst blamieren ? Im Gespräch mit dem Profi einigt man sich dann darauf, dass man es zunächst selbst versucht und Thordur dabei Hilfestellung gibt. Verdammter Mist, also doch selbst blamieren. Aber erstmal eiligen Schrittes zur Gebäudebeurteilung. Was macht es schon, wenn man 4 Pferde und damit 1 Stunde zu früh mit seinem Pony an der Bahn steht……
Viele Pferde sind mit ihren Reitern/Trainern/Besitzern nach Lingen gekommen um sich dem Urteil des sehr erfahrenen und kompetenten Profiteams zu stellen und so sehen wir viele sehr unterschiedliche Pferde. Manche auf Sportkarrierekurs, manche Hengste mit Vererberambitionen, manche Freizeitpferde, die vielleicht in Zukunft mal Nachwuchs bekommen sollen.
So lernten wir am Vormittag was ein trockener Kopf und trockene Beine sind, wann ein Pferd gut proportioniert ist und wann nicht, was zehenweit, zeheneng, oder kuhessig bedeutet und wann der Hals genügend oder zu wenig verjüngt ist. Auch die Fragen ob der Hals tief oder hoch angesetzt ist, wann die Brust zu tief ist, oder wie eine gute Kruppe und Rückenlinie aussieht wurden geklärt. Wir sahen zu kurze und schöne lange Beine, elegante und weniger elegante Pferde, offene Augen, Hechtköpfe und Ramsnasen, sowie gute Hufe mit viel Material und genügend Tiefe und Trachte und weniger gute Hufe, die flach waren mit nicht so gutem Material.
Barbara und Thordur beantworteten alle Fragen unermüdlich mit viel Geduld und Motivation. Hier schien den Experten sehr daran gelegen zu sein alle Unklarheiten zu beseitigen und jedem Teilnehmer freundlich eine ehrliche Einschätzung über sein Pferd zu geben.
Alle am Samstag vorgestellten Pferde hatten gute und auch weniger gute Punkte, die einen mehr, die anderen weniger. Keiner musste mit dem Gefühl nach Hause gehen, dass er ein schlechtes Pferd vorgestellt hat und die, die im Gebäude vielleicht weniger gut abschnitten, konnten dann bei den Reiteigenschaften punkten.
So erging es auch dem Pony des potenziellen Neuzüchterleins. Mit viel Motivation schritt es zur Gebäudebeurteilung. Aber was war mit dem Pony los ? Scheinbar lustlos und gelangweilt betrat es die Arena völlig unbeeindruckt von der geballten Fachkompetenz die es dort erwartete. Na ja, schließlich war es blank geputzt, mit frisch geölten Hufen und toupiertem Langhaar nun so hässlich nicht. Also gleich ein bisschen an der Trense gezupft, den Kopf hoch, die Ohren nach vorn und das ganze Pferd sieht schon gleich viel besser aus.
Hm ja, etwas lang im Rücken und dafür kurz im Hals, aber mit schönem Kopf, offenem Auge (ja mit Augen zu schläft sie ja auch !?) und schicken Miniöhrchen. Ja gut, etwas vorbiegig im Bein, auch insgesamt ein bisschen kurz die Beine, aber mit sehr schönen Hufen. Die zugegeben etwas ekzemgebeutelte Mähne gab jetzt auch keine super Pluspunkte, aber insgesamt doch noch über dem Durchschnitt gebäudetechnisch. Da ist man doch erstmal ganz glücklich, denn so ganz dumm ist ja auch das Neuzüchterlein nicht und hat geahnt, dass es da kein Elitepferd für Gebäude auf dem Paddock hat. Aber wartet nur ab, wenn des Neuzüchterleins Superpony die Reitarena betritt und die Bude rockt !
Dann erstmal Mittagspause und somit die Chance die Experten zu nerven. Bei leckerer Suppe im warmen Reiterstübchen der IPR Lingen konnte dann noch so manche Frage geklärt werden, die den potenziellen Züchtern auf den Seelen brannten. Soll man denn überhaupt mit dem Pony züchten ? Welcher Hengst könnte dann passen ? Wann ist der Inzuchtkoeffizient zu hoch und wann nicht ? Wann wird ne FIZO-Note (die ja nun mal in worldfengur eingetragen und nicht mehr gelöscht werden kann) peinlich ? Sind die Gebäudemängel vielleicht jetzt schon so gravierend, dass man auf die Vermehrung verzichten sollte ? Worauf muss bei der Hengstwahl geachtet werden, wenn man es nun doch mit einem Fohlen versuchen möchte ? Und ist eine Note von 7,5 gut oder schlecht ? Auch jetzt waren beide Profis immer offen und motiviert ihren „Schülern“ alle Fragen zu beantworten und für Aufklärung zu sorgen.
Nach dem Mittagessen ging es dann ab auf die Passbahn der tollen Anlage der IPR Lingen. 10 Seiten hatte jeder Zeit alle verfügbaren Gänge, möglichst in verschiedenen Tempi zu zeigen. Auf Wunsch, und den Wunsch hatte wohl jeder, begab sich Thordur in den Sattel und gab anschließend noch einmal seine persönliche Einschätzung zu den Ponies und individuelle Tipps zum Training jedes einzelnen Pferdes.
So kam auch des Neuzüchterleins Stunde der Wahrheit. 10 langen Seiten, ….ja hm….., was kann man denn da machen. Weiß das Neuzüchterlein als Sportreiter getarn doch nicht, dass es 10 lange Seiten hat und was zur Hölle soll es 10 lange Seiten lang tun ????  Wenn dem Superpony da mal nicht der Sprit ausgeht…… Beginnen wir mal mit langsamen Tölt. Zuhause ging das zuletzt ja immer ganz gut. Ja, ja, Zuhause. Zuhause ist alles toll, da gucken ja auch nicht Barbara Frische und Thordur Thorgeirsson zu. Ja den Takt, den finden wir sich bald wieder,  bei der nächsten FIZO, oder Zuhause….. Nehmen wir erstmal die Gänge die wir können. Galopp ist gut, Galopp und dann auch noch langsam geht immer. Und Galopp geht auch, Trab geht auch, auch mit guter Flugphase und Tempo. Schritt, Schritt sowieso immer gut beim Superpony.
So…..und jetzt schnell runter vom Sattel, nett gucken und „Könntest du jetzt bitte zeigen, dass das Pony auch tölten kann ?“ Zur Freude des Neuzüchterleins im Sportreiterdress bekommt es Lob für die Grundgangarten. „Gut geritten hätte es diese und dressurmäßig gut gearbeitet sei auch das Pony und durchaus mit einigem Talent versehen. Aber warum geht das mit dem Tölt nicht ?“ Tja, nun erklär mal einer nem Isländer, der nur Englisch spricht, warum man auf dem verdammten Ar…., äh Popo nicht sitzen kann und warum man nicht in der Lage ist aufzuhören, das Pony mit den Beinen schraubstockmäßig solange zu quetschen bis ihm die Luft ausgeht und dabei auch noch immer fleißig vorne gegenhält. Hat man sich ja schließlich in 25 Jahren Springreiterei mühsam antrainiert.
Also das Gespräch verlief dann so: „Äh, I can´t sit on my äh, äh, äh …… Arsch and hold her to äh, äh, …… fest in the äh…. Maul !“ Der Meister, sowie das gesamte anwesende Publikum lacht sich kaputt und los geht’s. In feinstem Tölt geht es über die Bahn. Verschiedene Tempi kann man mit dem Pony reiten, das Pony kann toll mit den Beinen strampeln und all das ohne zu quetschen, ohne Gewichte an den schönen Füßen und am hängenden Zügel. Wäre ja auch noch schöner denkt sich das Neuzüchterlein, wenn der Meister der Zuchtreiter das Superpony nicht tölten könnte. Ist ja schließlich ein Superpony !!!!
Am Ende der Vorstellung gab es doch sehr viel Lob für des Neuzüchters Superpony und gute „Tendenznoten“ im überdurchschnittlichen Bereich.
Tja, spät am Abend verlädt das Neuzüchterlein sein Pony und denkt darüber nach, ob es das schöne Pony nun zur offiziellen FIZO schicken soll oder nicht und wie es verdammt noch einmal das Tölten lernen kann. Während der langen Fahrt heim zu all den anderen schönen Ponies auf dem Paddock träumt es schon von Elitefohlen, deutschen Meisterschaften und Weltmeisterschaftsmedaillen und segelt dann Zuhause im heimischen Bettchen seelig in das Reich der Träume…………
Neuzüchterleins Fazit zu der Veranstaltung an sich:
Eine sehr, sehr aufschlußreiche Veranstaltung, die sehr viel Spaß gemacht hat ! Das Neuzüchterlein kann jedem, aber auch wirklich jedem, nur raten sich für eine derartige Veranstaltung anzumelden. Das Team Barbara Frische/Thordur Thorgeirsson war immer freundlich und  bemüht und vor allem unermüdlich und das trotz eisiger Termperaturen. Niemand musste sich schämen, niemand Hemmungen haben selbst die dämlichsten Fragen zu stellen. Nach Meinung des „Neuzüchterleins“ kann jeder seinen Islandpferdehorizont sehr erweitern wenn er eine dieser Veranstaltungen besucht.
Damit wünscht das Neuzüchterlein allen Lesern „Gut Tölt“ und Mut zur „Test-Fizo“ !

Das Neuzüchterlein (Nicole Klein)








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