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Bewusst robust - Die Haltung des Islandpferdes


Islandpferde sind von Kopf bis Huf auf ein Leben bei Wind und Wetter eingestellt: Lange und dichte Schöpfe, Mähnen und Schweife schützen vor Kälte und Sturm, verhindern den Einfall grellen Lichtes und halten Insekten fern. Die Wuchsrichtung der Körperhaare und viele Fellwirbel leiten wie Regenrinnen selbst ergiebige Schauer
vom Pferdefell ab und halten die Haut trocken. Und auch dem Wandel der Jahreszeiten passen sich die Pferde perfekt an: Im Sommer sind Islandpferde seidig und blank, während sie im Winter eher puscheligen Fell-Kugeln gleichen.

So gegen alle Unbilden des Wetters gerüstet, lebten sie jahrhundertelang in großen Herden und weitgehend ohne die Obhut des Menschen auf ihrer Heimatinsel Island. Noch heute verbringen Zuchtstuten und Jungpferden den Sommer über allein im Hochland, während Reitpferde traditionell in der Nähe des Hofes bleiben.

Islandpferdehalter auf dem Kontinent möchten dieses von der Natur geprägte Pferd auch fern dem Ursprungsland möglichst artgerecht und robust halten - natürlich nicht ohne Kompromisse, denn die Weite Islands, sein wechselhaftes Wetterschauspiel und die frische Meeresbrise können wir ihnen kaum ersetzen.

In unseren Breiten hat sich die Robusthaltung für Island- und andere Pferde als artgerechte Form der Pferdehaltung durchgesetzt. Hierbei bewohnt eine Gruppe Pferde einen lediglich an drei Seiten geschlossenen Stall (Offenstall) mit angefügtem Auslauf (Paddock), der jederzeit aufgesucht werden kann. Zusätzlich kommen die Pferde zumindest von Frühjahr bis Herbst mehrere Stunden täglich auf die Weide. Zuchtstuten, Fohlen und Jungpferde dürfen in der Weidesaison meistens rund um die Uhr auf eine Weidefläche (möglichst mit Unterstand).

Die Robusthaltung erfüllt die lebenswichtigen Bedürfnisse des Pferdes nach Licht, Luft, Sozial- und Umweltkontakten sowie Bewegung und bietet durch den Offenstall zugleich Schutz vor extremer Nässe, vor allem aber vor Hitze und Insekten, mit denen Islandpferde in ihrer Heimat keine Last haben. Auf diese Weise sind die Pferde gesund und zufrieden, im Umgang und unter dem Sattel ausgeglichen, erhalten ein starkes Nervenkostüm und verschaffen sich beim gemeinsamen Herumtollen selbst Bewegungsanreize.

Wichtigste Aufgabe für den Halter ist das tägliche Misten in Stall und Auslauf und ein regelmäßiges Absammeln der Pferdeäpfel von der Weide, um den Parasitenbefall der Pferde möglichst gering zu halten. Zudem sollten erwachsene Pferde mindestens 4 mal im Jahr, Fohlen mindestens 6 mal im Jahr entwurmt und gegen Tetanus, Tollwut und Husten geimpft werden.

Obwohl die Haltung in einer Box nicht pferdegerecht ist, kann es zeitweilig Gründe für eine Aufstallung geben: sei es, dass das Pferd krank ist, ein Fremdes zu Besuch kommt oder es nach einem Ritt im Winter trocknen soll.

Besondere Aufmerksamkeit muss der Halter bei Pferden mit dem so genannten Sommerekzem walten lassen. Das Sommerekzem ist eine Überempfindlichkeitsreaktion, sprich Allergie, einzelner Pferde gegen Inhaltstoffe des Speichels von Mücken, die in unseren Breiten etwa im Zeitraum von April bis Oktober auftritt. Neben den Mücken bzw. deren Stichen als Auslöser können weitere Faktoren wie generelle Hautprobleme, unausgewogene Fütterung und die Erbanlagen begünstigend auf Entstehung und Ausprägung einwirken. Die betroffenen Pferde leiden unter starker Unruhe und Juckreiz an Mähnenkamm, Schweifrübe, Kruppe, Widerrist, Schopf und/oder unter dem Bauch, entlang der Bauchnaht. Ohne Behandlung scheuern sich die Tiere bis auf die Haut blank und wund.

Islandpferde sind mit einem Anteil von etwa 18 % ekzemkranker Pferde innerhalb der Rasse im Vergleich zu anderen Pferderassen eher stark vom Sommerekzem betroffen. Ein Grund hierfür ist die unter Islandpferdefreunden verbreitete Robusthaltung, bei der die Pferde vermehrt in Kontakt mit den Plagegeistern kommen. Islandpferde zeigten nie Symptome des Ekzems bevor sie exportiert wurden, denn auf Island leben die auslösenden Mücken nicht.

Ein Ekzempferd sollte in der Zeit zwischen 9 und 16 Uhr Weidegang genießen dürfen, bevor man es zu den Hauptflugzeiten der Mücken in den Schutz eines trockenen, dunkelen, nicht zu luftigen Offenstall bringt, welchen die Stechinsekten meiden. Zusätzlich schmieren viele Halter die Pferde an den Scheuerstellen täglich mit speziellen Pflegemitteln ein und besprühen sie zu Abwehr der Stechmücken mit Fliegenspray. Andere Besitzer schwören auf bestimmte Futterzusätze oder legen den Pferden eine Ekzemdecke an, die den Mücken kaum noch Angriffsfläche bietet. Ein Patentrezept für die Behandlung von Sommerekzem gibt es leider noch nicht, obschon nun mit einem Bluttest nachgewiesen kann, gegen welche Insekten und wie stark das Pferd allergisch reagiert.

Ob Sommerekzemer oder nicht: Das höchste Bestreben des Pferdehalters sollte immer sein, sein Pferd möglichst artgerecht zu halten - wenn auch hier und da Kompromisse gemacht werden müssen.